Die Geschichte von Luise und ihrer Schwester Lina: Ein Bauernhof und ganz viel Trubel oder „immer laut, nur manchmal leise“

Torsten und Anna leben mit ihren beiden Töchtern auf einem Bauernhof. Luise ist neun Jahre alt, ihre kleine Schwester Lina sechs. Auf den ersten Blick wirkt ihr Leben bunt und lebendig – doch was für Außenstehende nach ländlicher Idylle aussieht, ist für die Familie ein Alltag, der von intensiver Pflege, ständiger Wachsamkeit und seelischen wie körperlichen Belastungen geprägt ist.
Als Luise gerade sechs Wochen alt war, entdeckten die Ärzte einen fünf Zentimeter großen, bösartigen Gehirntumor – ein sogenanntes infantiles Glioblastom. Für die jungen Eltern war das ein Schock. Nach mehr als 25 Chemotherapie Blöcken, mehreren Operationen und einer Protonenbestrahlung galt Luise schließlich als geheilt. Doch die Erkrankung hat Spuren hinterlassen.
Luise lebt heute mit einer schweren, therapieresistenten Epilepsie. Täglich bekommt sie mehrere Anfälle. Sie trägt einen Schutzhelm, der sie vor Verletzungen schützt und muss jederzeit betreut werden. Ihre kognitive Entwicklung ist stark verzögert, ihre Sprache nur schwer verständlich. Luise kann zwar Grundbedürfnisse äußern, wiederholt dabei aber oft die gleichen Phrasen, spricht laut, fordert viel Aufmerksamkeit – und bestimmt damit den gesamten Tagesablauf der Familie.
Körperlich ist sie mobil und liebt es die Welt zu entdecken – aber sie hat kein Gefahrenbewusstsein und kann sich nicht an Anweisungen halten. Ein Einfaches „Bleib stehen, Luise!“ verhallt ungehört. Oft ist es eine echte Herausforderung, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Neben all dem ist der Pflegeaufwand hoch: Luise muss gewaschen, gewickelt, mehrmals täglich über eine Magensonde ernährt und mit Medikamenten versorgt werden. Auch nachts wacht sie häufig auf – was bedeutet, dass ihre Eltern regelmäßig keinen erholsamen Schlaf finden.
Der organisatorische Aufwand ist ebenfalls enorm: Es müssen Therapien koordiniert, stationäre Aufenthalte geplant, unzählige Formulare für Hilfsmittel ausgefüllt und bürokratische Hürden überwunden werden. All das belastet – psychisch und körperlich.
Mitten in all dem lebt Lina, die kleine Schwester. Sie liebt Luise – und merkt doch täglich, wie schwer es ist, ihre Eltern ganz für sich zu haben. Wenn sie stolz ihr selbstgebautes Lego-Haus zeigt oder ein Buch vorgelesen bekommt, heißt es oft: „Warte mal Lina, gleich machen wir weiter“. Daran hat sie sich schon gewöhnt, auch wenn jedes Mal eine kleine Enttäuschung mitklingt.
Oma und Opa wohnen mit auf dem Hof und helfen, wo sie können. Doch was der Familie oft fehlt, ist echte Entlastung – Zeit zum Durchatmen, zum Schlafen, für Zweisamkeit und für ungeteilte Aufmerksamkeit für Lina.
Ein besonderer Ort war und ist für sie der Kupferhof Hamburg, eine Kurzzeitpflegeeinrichtung für schwerstbehinderte Kinder und ihre Familien. Einige Male konnten sie dort eine Auszeit nehmen. Der Aufenthalt war anfangs mit viel Vorbereitung und emotionaler Überwindung verbunden: Luise schläft in einem anderen Gebäudetrakt, das Vertrauen musste wachsen. Doch die liebevolle Betreuung, die professionelle Begleitung und das flexible Konzept gaben der Familie Sicherheit. „Alles kann – nichts muss“ – das war das Motto, das ihnen gutgetan hat.
Doch so wertvoll diese Auszeiten sind – der Bedarf an solchen Einrichtungen ist riesig. Der Kupferhof allein kann ihn bei Weitem nicht decken. Viele Familien stehen auf Wartelisten oder erfahren erst gar nicht von der Möglichkeit einer solchen Entlastung.
Umso größer ist die Dankbarkeit bei Torsten, Anna, Lina und Luise, dass mit dem Hof Rabenmühle ein weiteres Angebot für Kurzzeitwohnen entstehen soll.
„Solche Orte sind kein Luxus. Sie sind notwendig, damit Familien wie wir nicht ausbrennen. Damit auch Lina ihre Kindheit unbeschwert erleben kann. Damit wir als Eltern weiter stark bleiben können – für Luise, für beide Kinder, für uns.“