Skip to main content

Die Geschichte von Lennart und Lotta: Zeit für große Schritte

„Lennart mag nicht mehr essen,“ sagt Lotta über ihren großen Bruder, “ich glaub der will jetzt erstmal die Sendung mit der Maus schauen. Ja, ich würde dann auch mitgucken.“

Da Lennart nicht selbst sprechen kann, übersetzt die kleine Schwester eben ab und zu für ihn – manchmal auch ein bisschen im eigenen Sinne. Einen Bruder zu haben, der weder sprechen, laufen noch selbständig sitzen kann, ist nicht immer nur schwierig. Lotta verbündet sich auf ihre Weise mit Lennart, sie kuschelt sehr gerne mit ihm oder gibt auf dem Spielplatz ein bisschen mit ihm an: „Mein Bruder kann übrigens gar nicht laufen! Gar nicht! Guck mal, die Räder von seinem Rollstuhl leuchten!“

Lennart ist durch einen Gendefekt mehrfach schwerstbehindert. Nach einer unauffälligen Schwangerschaft und ersten Lebensmonaten, in denen er sich normal entwickelte, setzen mit vier Monaten plötzlich schwere epileptische Anfälle ein. Die Diagnose: West-Syndrom, eine schwerwiegende Säuglingsepilepsie, die das Hirn nachhaltig schädigen kann. Lennarts schon erlernte Fähigkeiten entwickelten sich zurück. In der Folge stellte sich ein bislang nicht verzeichneter Gendefekt als Ursache der Epilepsie und der Entwicklungsverzögerung heraus, noch später wurde zudem ein Herzfehler diagnostiziert. Nach langen Monaten im Krankenhaus und der schwierigen Suche nach den passenden Medikamenten war klar: Lennart wird sein Leben lang schwerstbeeinträchtigt bleiben.

„Wer ihn nicht kennt und mit dem Thema Behinderung nicht viel Berührung hat, wird auf den ersten Blick denken, dass Lennart so gut wie nichts kann. Aus unserer Sicht kann er aber richtig viel,“ sagt Lennarts Mutter Claudia. „Er erkennt ihm bekannte und geliebte Menschen, er reagiert sehr auf sie, freut sich sicht- und hörbar über Musik, Bilderbücher und die Natur, lacht und strahlt. Er kann auch auf seine Art ausdrücken, wenn ihm etwas nicht passt oder wenn er Schmerzen hat – auch das ist nicht selbstverständlich und für uns viel wert.“

Das Leben ist für die Familie natürlich nicht immer nur einfach.

Die Pflege ist aufwändig zieht sich buchstäblich rund um die Uhr: Durchschlafen ist für die Eltern im Allgemeinen nicht möglich, weil Lennart im Laufe der Nacht mehrfach gewickelt und umgelagert werden muss. Unzählige Termine, Behördenkram, Ärger mit der Versicherung kosten zusätzlich viel Energie.

Auch wenn Lotta ein selbstbewusstes Mädchen ist, das sich ihren Raum und die Aufmerksamkeit der Eltern durchaus zu sichern weiß, hat das alles auch Einfluss auf sie als Geschwisterkind. Bei Lennarts Krankenhausaufenthalten muss sie oft tagelang auf Mama verzichten, im Alltag häufig warten und es auch ertragen, wenn die Eltern mal ein bisschen angespannt sind.

Da ist es umso wichtiger, dass die Familie auch mal richtig durchatmen kann.

Schon viermal waren sie gemeinsam auf dem Kupferhof in Hamburg, wo die Pflege für Lennart von Fachkräften übernommen wird, aber sie dennoch alle gemeinsam an einem wunderschönen Ort entspannen können. Hier können die Eltern sicher sein, dass Lennart in besten Händen ist. Sie treffen ihn immer wieder zum Kuscheln auf dem Gelände, haben sonst aber viel Zeit für sich und besonders für Lotta. Die viele Zeit mit den Eltern, der Kontakt zu anderen Geschwisterkindern chronisch kranker Kinder und die Rundum-Betreuung von Ort lassen sie regelmäßig richtig aufblühen. Beim ersten Aufenthalt, als sie noch kein Jahr alt war, hat Lotta auf dem Kupferhof gar ihre ersten Schritte gemacht und konnte mit der nötigen Ruhe und Entspanntheit endgültig abgestillt werden.

Die Nachfrage nach gemeinsamen, entlastenden Aufenthalten für Familien mit kranken Kindern ist viel größer als das Angebot. Auf dem Hof Rabenmühle werden auch für viele andere Familien, Gast- und Geschwisterkinder kleine, aber doch so große Schritte möglich werden.